Vergangene Woche geschah das, was niemand für möglich hielt, eine Katastrophe so schrecklichen Ausmaßes. Ein Passagierflugzeug mit 298 Menschen an Bord wird über der Ost-Ukraine abgeschossen. Noch immer werden Leichen vermisst. Tagelang hatten die Rebellen die Bergungsarbeiten behindert. Niemand glaubt an eine Unschuld der Separatisten dort, kaum einer an die Unschuld Russlands.
BILD: Herr Klimkin, ist Wladimir Putin schuld am MH17-Drama?
Pawlo Klimkin: Wir brauchen die Ergebnisse der Untersuchung, die momentan in vollem Gange ist. Wir haben eine internationale Gruppe eingerichtet und die Führung den Niederländern übergeben, damit keine Zweifel aufkommen, dass diese Ermittlungen transparent und ergebnisoffen sind. Momentan gestaltet sich das schwierig, weil die Terroristen noch den Absturzort kontrollieren.
BILD: Ihre Regierung in Kiew hat gleich nach dem Absturz vor einer Woche den Schuldigen ausgemacht – Putin.
Klimkin: Wir wissen, dass die Terroristen in der Ost-Ukraine dahinter stecken. Das ist ganz klar. Es ist jetzt unbedingt nötig, dass diese Separatisten auch international als Terroristen eingestuft werden. Dem sind wir beim letzen EU-Außenministertreffen in Brüssel einen entscheidenden Schritt näher gekommen.
BILD: Bei dem Treffen ging es auch um Sanktionen. Beschlossen wurden Sanktiönchen. Ist das genug?
Klimkin: Es geht für mich nicht nur um Sanktionen, sondern auch um die politische Linie und die Tatsache, dass die EU mit einer Stimme spricht. Das ist jetzt passiert. Die EU ist sich einig: Putin muss mehr Druck auf die Terroristen ausüben. Bisher hat er nichts getan.
BILD: Der Druck soll seit Monaten erhöht werden. Vor einer Woche starben 300 unschuldige Menschen – muss der Westen jetzt nicht absolute Härte zeigen?
Klimkin: Das habe ich immer gesagt, aber die Außenminister sind mit ihren Maßnahmen jetzt schon einen Schritt weiter gekommen. Für mich geht es wirklich nicht nur um Sanktionen. Die klare Linie ist wichtig, die Einigkeit.
BILD: Muss die Fifa Putin die Fußball-WM 2018 wegnehmen?
Klimkin: Man muss Sport und Politik nicht mischen, aber in diesem Fall ist ganz klar zu überlegen, ob Russland diese Großveranstaltungen überhaupt ausrichten darf. Ich habe durchaus Sympathien, wenn Politiker zum WM-Boykott aufrufen.
BILD: Die ersten Särge sind in den Niederlanden angekommen. Was sagen Sie den Eltern, die noch immer nicht wissen wo die Leichen ihrer Kinder sind?
Klimkin: Es ist nicht nur tragisch, es ist unglaublich. Wir setzen uns sehr dafür ein, dass alle Leichen so schnell wie möglich geborgen werden und die Separatisten Zugang zur Absturzstelle gewähren. Was die Terroristen tun ist abscheulich. Einen Teil der Leichen haben sie einfach in ein Auto geschmissen und nach Donezk gefahren. Wir tun alles dafür, dass alle Opfer geborgen werden.
BILD: Noch immer sind fast 100 Leichen nicht geborgen. Wollen die Separatisten sie als Geiseln nehmen?
Klimkin: Ich hoffe, dass dem nicht so ist. Aber leider müssen wir bei diesen Terroristen mit allem rechnen.
BILD: Ist ein UN-Blauhelmeinsatz in der Ost-Ukraine nötig?
Klimkin: Es gibt ja keinen Konflikt dort. Es gibt Terroristen, die ein Gebiet besetzen. Russland muss die Separatisten abziehen, dann stellen wir auch die Ordnung dort schnell wieder her. Die Stimmung im Donbas ist total gekippt. Die Leute hassen diese Terroristen.
BILD: Hat Putin wirklich noch Einfluss auf die Separatisten?
Klimkin: Aber sicher. Putin ist der einzige, der das beenden kann. Die Mehrheit der Terroristen sind ja russische Staatsbürger, viele von denen haben Verbindungen zu russischen Spezialdiensten. Die kämpfen doch nicht für die Unabhängigkeit des Donbas, die zerstören alles.
BILD: Niemand spricht mehr von der Krim. Haben Sie die Krim aufgegeben?
Klimkin: Nein, absolut nicht. Ich halte diese Frage immer auf der Agenda. Wir werden auch in der Zukunft für die Krim kämpfen. Sie ist ukrainisch, sie wird wieder ukrainisch.
BILD: Ihre Botschaft an die Separatisten?
Klimkin: Aufhören! Aufhören! Aufhören! Und ab zurück nach Russland!
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